Mittwoch, 10. Oktober 2012

Der flauschige Schatten des Hungers

Ihr ahnt es ja nicht! Wir haben einen neuen Mitbewohner. Nein, ich bin nicht glücklich darüber. Ganz und gar nicht.

Also, das war so: Eines Abends beschlossen meine Menschen, dass es jetzt an der Zeit wäre, Kallie zu uns zu holen. Das hatte irgendwas damit zu tun, dass er nun mehr drinnen sei mit seinen 17 Jahren und die andere Katze ärgert, die in ihrem - auch hohem - Alter einfach ihre Ruhe haben mag. Es sei also besser, wenn er hier die Kater-Alleinstellung geniessen könnte.
So fuhren wir an einem wundervollem Sonntag Kallie abholen. Da ich mit Katzen im Allgemeinen ja meinen Frieden gefunden habe, störte mich das überhaupt nicht. Auch nicht, als er im Auto hin und wieder protestierend miaute.
Ich hatte ja keine Ahnung, was da auf mich zu kommt!

Daheim angelangt, kam er langsam aus seinem Transportkorb: Köpfchen ... und - meine Güte! - ein dafür viel zu mächtiger Körper. Herrchen meint, der Kopf sei nur zu klein. Doch wir ahnen, was wirklich dahinter steckt, wenn man seine erste Amtshandlung nach Eintreffen bemerkt:


Das ist MEIN Napf! Meins! Und das hat ihn herzlich wenig gestört. Ich saß erstmal völlig perplex und empört daneben. Und dann faucht er mich auch noch an! Hab mich auf dem Sofa in Sicherheit gebracht und konnte gar nicht glauben, was da gerad passierte.

Ohne meine Empörung - meiner Ansicht nach - gebührend zu würdigen, fingen meine Menschen an, ihn liebevoll hier rumzuführen. Dann begann Frauchen auch noch, ihm Leckerlis zu füttern. Ich musste ganz schnell zeigen, dass ich jawohl auch noch da bin. Ich gebs zu, aus purem Futterneid hab ich Leckerlis mitgegessen ... Nellas Herzchenleckerlis sind gar nicht mal so schlecht - hätte ich vorher ja im Leben nicht probiert. Aber was solls, wenn der an mein Napf geht, muss ich echt aufpassen, dass mir nichts entgeht - hab ja eh so wenig, was ich wirklich richtig gern esse. Wenn er mir das streitig macht. Oh man.

Zu meinem großen Glück verbringt er seine Zeit gerne oben am Fenster und auf dem Sessel dort - da es nicht so Meins ist, Treppen zu steigen, könnte er meinetwegen auch immer dort bleiben. Ich finde, er schaut auch ganz zufrieden in seinem Sessel aus:


Leider, leider, wird er aber auch unten gefüttert und findet es großartig bei Herrchen oder Frauchen auf dem Schoß zu sitzen. Die streicheln ihn dann auch noch und finden ihn ja so süß. Ätzend!



Sobald er einen Schoß verlässt, bin ich aber da - ich muss dann doll beweisen, dass ich viel süßer bin und vor allem will ich genauso gekuschelt und gestreichelt werden. Gestern hab ich mich wie Kallie auf Frauchens Bauch gelegt - irgendwie schien sie damit nicht ganz so begeistert wie mit dem Fellknäuel ... von wegen, ich hätte so spitze Knochen und hier und da tuts weh. Hach, vor Kallie war es so viel einfacher, süß zu sein.

Gott sei Dank ist er kein ausdauernder Kampfschmuser und interessiert sich neben meinem Napf auch für andere Dinge. Agnes findet er zum Beispiel ziemlich aufregend. Ihr Becken wurde schon in Katerkino umbenannt.






Agnes scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil, sie schaut immer, was er da macht und manchmal faucht er sie an, das ist schon witzig.

Kommt es mal vor, dass Kallie sich nicht für mein Napf interessiert, ist es mit Sicherheit leer geputzt. Das weckt seinen Ehrgeiz, meine Menschen an sein Napf zu locken, um es mit irgendwas zu füllen. Mittlerweile guck ich auch immer mal rein, wenn er nicht da ist, aber ich finde nichts mehr vor.

Da sein Napf im Grunde genommen sein Tagesthema ist und er immer und zu jeder Zeit Hunger zu haben scheint, nennen sie ihn den "Flauschigen Schatten des Hungers". Ist er an meinem Napf zugange, wird "Hunger" gegen "Vernichtung" ausgetauscht - ich finde, das passt.
Mein Frauchen hat letztens die Theorie aufgestellt, dass Kallie unter disfunktionaler Persönlichkeitsstörung leidet und entschuldigt damit seine ständige Bettelei nach Futter. Sie fragt ihn jetzt immer, ob er gerad Kallie, Heinz, Bertram oder Knödel ist.
Ich bin ja der Meinung, sie hat ihm damit eine Freikarte für Mitleid in die Hand gedrückt und er nutzt das aus ...

Aber sie und Herrchen scheinen ihn echt lieb zu haben und sagen immer, wir werden uns schon aneinander gewöhnen. Frauchen passt auch auf, dass er mich nicht beim Essen stört und wegdrängt. Ich muss wohl einsehen, dass die mich trotzdem noch genauso lieb haben wie zuvor, aber die Flauschkugel auch etwas Aufmerksamkeit braucht.
Trotzdem. Ich bleibe wachsam.

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